Die Staatsanwaltschaft fordert ein bis drei Jahre Haft für die türkische Sängerin Gülşen. Der Popstar war wegen eines Scherzes über İmam-Hatip-Schulen, der in einem Konzertausschnitt öffentlich wurde, zunächst in Untersuchungshaft genommen und befindet sich mittlerweile in Hausarrest. Ihr wird wegen ihrer Aussagen „Anstachelung zum Hass und Feindseligkeit“ nach Artikel 216 des türkischen Strafgesetzbuchs vorgeworfen. Beobachter bezweifeln, dass der flapsige Kommentar, für den sich Gülşen entschuldigt hat, diesen Tatbestand erfüllt. Vielmehr stünde der Fall in einer Reihe von Vorfällen, bei denen in den letzten Jahren vermehrt Künstlerinnen und Künstler ins Visier der Staatsanwaltschaften genommen worden sein. Häufig spielt dabei der Bürgerbeschwerde-Dienst CİMER sowie eine Instrumentalisierung von Artikel 216 eine Rolle, der eigentlich dem Schutz von vulnerablen Bevölkerungsgruppen dienen soll.
Eine historische Betrachtung, wenn Sängerinnen aus politischen Gründen ins Visier der türkischen Justiz geraten, hat Gürsoy Doğtaş im Freitag geschrieben. Deutschlandfunk Kultur behandelt den Fall und die zahlreichen Konzertverbote in den letzten Monaten in einem Beitrag.